gestern ist jetzt

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Der Podcast für Familiengeschichte im Nationalsozialismus

#30 - Reiten im Nationalsozialismus

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Reiten im Nationalsozialismus – das klingt jetzt erst einmal nach einem Spartenthema. Aber daran kann man ziemlich gut erklären, was auf einen zukommt, wenn man bei seiner Suche nach der NS-Beteiligung seiner Großeltern in Bereiche stößt, die nahezu unaufgearbeitet sind. So geht es Melanie, deren Großvater in Düsseldorf Tunierreferent in einem SA-Reitersturm war, doch in der Stadt weiß man darüber nichts. Also haben wir die Historikerin Nele Maya Fahnenbruck gefragt, die eine große Pferdeliebhaberin ist und ihre Doktorarbeit über den Pferdesport im Nationalsozialismus geschrieben hat. Zwar konzentriert sie sich speziell auf die Hamburger Reiter, aber vieles lässt sich wohl auch auf Düsseldorf übertragen – und da wird ziemlich schnell klar, wie leicht es vielen Reitern fiel, sich für die NS-Ideologie zu begeistern. Und speziell die Reiter-SS war auch an Kriegsverbrechen beteiligt. Nach dem Krieg hatten sie kaum mit Konsequenzen zu rechnen, dafür funktionierten ihre Netzwerke einfach zu gut. Und heute? Ist darüber wenig bekannt – und viele Vereinen und Verbänden fehlt der Wille zur Aufarbeitung. Diese Folge ist die vorerst letzte. Wie es weitergeht? Wir werden sehen.

#29 - Militärarchiv Freiburg

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Heute geht’s noch einmal um militärische Werdegänge. Dafür ist Melanie nach Freiburg gefahren, denn da hat das Militärarchiv seinen Sitz, eine Abteilung des Bundesarchivs – und quasi das militärische Gedächtnis Deutschlands. Hier könnt ihr zum Beispiel herausfinden, wo die Einheiten der Großväter genau eingesetzt waren oder ob die an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Hier liegen auch die Unterlagen der Wehrmachtsoffiziere und auch die Unterlagen der NS-Militärjustiz. Archivar Thomas Menzel öffnet Melanie manchen Karton mit Dokumenten, hat das Wehrstammbuch ihres Großvaters gefunden, dazu viele Recherchetipps und eine wichtige Erkenntnis: Recherchierende Enkel*innen erwarten oft abgrundtiefe Verbrechen– aber nicht jede Wahrheit ist einfach.

#28 - Tagebücher im Nationalsozialismus

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Tagebuchschreiben war im Nationalsozialismus äußerst beliebt – und zwar bei Anhänger*innen des Regimes ebenso wie bei Kritiker*innen. Wer heute noch so ein Tagebuch seiner Großeltern hat, kann sich glücklich schätzen, denn man kann einiges daraus erfahren. Auch Melanies Großeltern haben ein solches Tagebuch gemeinsam für ihre Kinder geführt. Doch wie genau geht man vor beim Lesen? Und wie soll man sich dazu verhalten? Der Historiker Janosch Steuwer von der Uni Halle weiß das genau. Für seine Doktorarbeit hat er 140 Tagebücher zwischen 1933 und 1939 untersucht. Er sagt: mit der sogenannten Machtergreifung im Januar 1933 drängte sich Politik in die Tagebücher förmlich hinein, denn das NS-Regime forderte die Menschen auf, sich mit ihm zu beschäftigen und das eigene Leben in dessen Ideologie einzupassen.

#27 - Abteilung PA

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Wenn ihr wissen wollt, wo und in welcher militärischen Einheit der Großvater im Krieg war, seid ihr in der Abteilung "Personenbezogene Auskünfte" des Bundesarchivs genau richtig. Aber auch, wenn ihr nach Angehörigen sucht, die im Krieg vermisst wurden oder gefallen sind, kann man hier Einiges herausfinden. Die Unterlagen der Deutschen Dienststelle (ehem. WASt) sind seit 2019 ins Bundesarchiv übergegangen. Warum genau - und was ihr sonst noch bei der Recherche hier beachten solltet, erzählt uns die stellvertretende Referatsleiterin Birgit Wulf - und auch über Melanies Großvater Joachim, hat sie etwas gefunden.

#26 - Displaced Persons

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Im zweiten Teil zum Thema Zwangsarbeit geht es in #26 um die Folgen. Denn nach ihrer Befreiung lebten viele zwangsverschleppte Zwangsarbeiter*innen oft als Displaced Persons - als sogenannte "heimatlose Ausländer" in Deutschland, weil sie nicht in ihre Heimatländer zurückkonnten - oder wollten. So wie Florian Urbańskis Großeltern, die aus Polen stammen. Nach jahrelangen Aufenthalten in verschiedenen DP-Lagern wurden sie mit ihren Kindern Mitte der 1950er Jahre von einem LKW in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb abgeladen - und kamen doch nie recht an. Ihre Familiengeschichte hat auch Florians Leben geprägt. Er erzählt wie - und was er daraus macht. Die Historikerin Sarah Grandke von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme ordnet ein.

#25 - Zwangsarbeit

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Stefan Wegers Ururgroßmutter Luise hat Walerian Wróbel denunziert, deshalb wurde der mit dem Fallbeil hingerichtet. Walerian war gerade Mal 16 Jahre alt und wurde aus Polen verschleppt, um auf dem Hof von Stefans Familie Zwangsarbeit zu leisten. Seine Geschichte ist in Bremen oft Thema im Geschichtsunterricht, weil man an seinem Beispiel Jugendlichen die Grausamkeit des NS-Systems besonders anschaulich erklären kann. Auch Stefan erfuhr so von ihm – aber er hatte nicht damit gerechnet, dass seine Uroma Lissi die entscheidende Zeugenaussage lieferte – und auch nicht, dass in seiner Familie darüber nicht geredet wurde. Heute ist Stefan Fotograf und lebt in Berlin. In #25 erzählt er von seiner bewegenden Suche – und auch davon, warum es wichtig ist, die Gegenwart nicht zu vergessen. Denn Zwangsarbeit ist längst nicht Geschichte. Christine Glauning vom Berliner Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit ordnet ein und macht klar: Das Thema NS-Zwangsarbeit ist vielschichtig – und es dauerte Jahrzehnte bis auch Deutschland endlich dafür die Verantwortung übernahm. Viele andere Familiengeschichten findet Ihr unter: www.gesternistjetzt.de

#24 - im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde

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Hörerin Leslie hat sich gemeldet und erzählt, warum sie den Begriff „Nazihintergrund“ wichtig findet. Und passend dazu sind wir zu Besuch im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, wo man genau über diesen „Nazihintergrund“ der eigenen Familie ganz schön viel herausfinden kann. Zumindest Melanie hatte Glück bei ihrem Großvater. Denn Lutz Möser vom Bundesarchiv hat eine ziemlich interessante Akte gefunden. Und zwar eine Bewerbung für einen Job im Ministerium für die besetzten Ostgebiete. Thomas Pruschwitz vom Recherchedienst Ad Acta hat geholfen, sie richtig einzuordnen. Und was dabei herauskam, führt die Suche nach dem Großvater nochmal in eine ganz andere Richtung.

#23 Sinti und Roma

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In #23 treffen wir Francesco Arman, er ist der neue Sozialdezernent für die Linke in Gießen und Sinto – und zwar der erste in seiner Stadt in diesem Amt. Wir sprechen mit ihm darüber, warum sich die Stereotype gegen Sinti*zze und Rom*nja so hartnäckig halten, über die Verfolgung seiner Familie durch die Nationalsozialisten – und warum es wichtig ist, dass nicht mehr länger die Mehrheitsgesellschaft die Deutungshoheit über Vergangenheit und Gegenwart besitzt. Die Historikerin Karola Fings von der Forschungsstelle Antiziganismus der Uni Heidelberg, Mitglied der Unabhängigen Kommission Antiziganismus des Bundestages, ordnet Francescos Geschichte ein, gibt Recherchetipps und erklärt, warum es so wichtig ist, dass die Gesellschaft endlich mal genau zuhört, wenn es um Verfolgungs- und Diskriminierungsgeschichten geht.

#22 Krieg

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Zerbombte Wohnhäuser, Sirenen, Schutzkeller – oft ohne Strom und Wasser: Die Menschen in der Ukraine erleben gerade, was es bedeutet, im Krieg zu sein. Einige von Euch haben uns geschrieben, wie sehr sie das beschäftigt, auf einmal kommt auch vieles aus der eigenen Familiengeschichte hoch. Wie man damit umgehen kann – und was das bedeutet für eine Gesellschaft, in der mittlerweile viele Menschen mit den unterschiedlichsten Erfahrungen von Krieg und Flucht leben, darüber haben wir in #22 mit der Soziologin und Biografieforscherin Iris Wachsmuth gesprochen.

#21 Widerstand

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Der Kommunistische Widerstand wurde ab nach der sogenannten „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 von den Nationalsozialisten sofort radikal verfolgt und in die Illegalität gedrängt. Der Reichstagsbrand, rund einen Monat später, gab dann auch die Gelegenheit, politische Widersacher – und hier vor allem KPD-Anhänger, per „Reichstagsbrandverordnung“ ganz offiziell hemmungslos zu verfolgen und mundtot zu machen, tausende wurden verhaftet, verhört, kamen in Schutzhaft oder die ersten Konzentrationslager. Aber waren sie wirklich mundtot? Melanie hat in Düsseldorf Christa Bröcher getroffen, die Enkelin des kommunistischen Widerstandskämpfers Anton, „Toni“, Melchers. Und wir haben nachgefragt bei der Historikerin Mareen Heying von der Fernuniversität in Hagen, wie Widerstand im Nationalsozialismus überhaupt ganz praktisch funktionierte, warum Frauen dabei bis heute unterschätzt werden – und wie man überhaupt mit der Suche nach seinen Großeltern anfängt, wenn nur eines klar ist: sie waren im Widerstand.

Über diesen Podcast

Seit 75 Jahren ist der Nationalsozialismus Geschichte - und doch wirkt er bis heute weiter - im eigenen Leben, in den Familien. Der Podcast "gestern ist jetzt" erzählt von der Suche nach Antworten darauf, wie sich unsere eigenen Großväter im Nationalsozialismus verhalten haben. Und soll auch Dich bei Deiner Suche weiterbringen - dank der Unterstützung vieler Historiker, Sozialwissenschaftlerinnen, Psychologinnen und Archivare - aber und anderer recherchierender Enkel*innen, die schon viel weiter sind als wir. Wir, das sind Melanie Longerich und Brigitte Baetz - zwei Journalistinnen aus Köln.

von und mit Melanie Longerich, Brigitte Baetz

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